Sri Lanka - Tsunami zerstört Denuwala Logo

Gerhard berichtet aus dem zerstörten Denuwala

So hat Gerhard die Flutwelle erlebt.
Er hat mich gebeten, diesen Bericht an den Anfang seiner Nachrichten zu stellen. Die Berichte sind unveränderte Kopien seiner emails. Er hat auf einer "englischen" Tastatur geschrieben.

08.02.2005 18:19
Lieber Winni,ich will mal versuchen ob ich ueber dieses Grauen schon reden kann. Eigentlich will ich vergessen, ich muss vergessen aber ich habe das Gefuehl,das ich etwas aufschreiben muss sonst kriege ich es nicht aus meinem Kopf und aus meiner Seele raus. Ich muss etwas voraussagen. Mit meinem Bruder Fritz war ich viele Jahre nicht so gut. Seitdem er mich im letzten August verlassen hat, hat sich etwas veraendert. Ich spreche viel mit ihm,einfach so,als ob er bei mir ist. Und durch ihn habe ich begriffen,das es DOCH eine Verbindung vom Jenseits zum Diesseits gibt. Es ist jetzt der 2. Fall in meiner Familie,das aus dem Jenseits eine wunderbare Hilfe kam. Ich will mal ganz langsam anfangen. Den Anfang weisst Du schon. Am 2. Weihnachtstag ein Traumwetter,ein ganz ruhiges Wasser.Frau Kunert und ich beschliessen in Dasselbige zu huepfen. Ich sage,ich gehe nach oben und ziehe meine Badehose an. Ich bin umgezogen und will grade runtergehen,da sagt der Fritz zu mir {ich habe es nicht gehoert,aber gespuert} geh erstmal zur Toilette,geh jetzt zur Toilette. Ich sitze und hoere ploetzlich ein lautes,droehnendes donnerndes Rauschen. Laut wie verrueckt. Was ist das?Solch ein Geraeusch habe ich noch nie gehoert. Es war ja alles so furchtbar laut. Mir kriecht ein Angstgefuehl den Ruecken hoch. Ich mach mich fertig,will mein Zimmer verlassen,stehe in der Tuer und vor mir steht eine riesige Wasserwand die mit Getoese eine riesige Nebelwolke vor sich herwaelzt. Man kann nicht denken,nur laehmendes Entsetzen. Was ist das,was ist das,was ist das wo kommt ploetzlich das viele Wasser her. Indem kracht diese Wasserwand gegen das Haus. Wer meinen Balkon kennt,weiss was ich fuer eine gigantische Rundumsicht habe. Jetzt ist alles weg,nur Wasser,Wasser,Wasser. ich sehe nach links auf den Hof und sehe wie dieses tosende Wasser uebers Grundstueck donnert und alles mit sich reisst. Die schweren Steintische,die schweren Steinbaenke tanzen auf dem Wasser. Ich habe eine grauenhafte Angst. Was ist hier ueberhaupt los,was passiert hier.Inzwischen faengt im Haus ein droehnendes Donnern an. Ich bruelle den Himmel an {es war ja alles so furchtbar laut } In Badgastein gibts einen bekannten Wasserfall,der donnernd zu Tal stuerzt.Schon Sissi hat ihn geliebt aber Dieses war tausendmal staerker ,ich bruelle den heiligen Vater an,ich bruelle meine 14 heiligen Nothelfer an,ich bruelle Fritz an bitte,bitte helft mir. Fritz mach dieses schreckliche Wasser weg. Dieses Alles hat ja nur ein paar Sekunden gedauert. Ich bruelle bitte heiliger Vater lass jetzt nicht das Haus ueber mir zusammenkrachen. Diese Krachen im Haus diese Angt.dieses viele Wasser. Ich renne meinen Balkon entlang bis zur Treppe. Ich will runter - das Haus stuerzt ein, da tobt mir aus dem Restaurant bis zur halben Treppe das Wasser entgegen mitsamt dem gesamten Inventar und Mobiliar und Reception und Alles,Alles Das war das Krachen im Haus wenn die Moebel gegen die Waende gedonnert wurden. Mir war der Fluchtweg abgeschnitten. Man kann solche Angstgefuehle nicht ausdruecken. Ich sehe die Anderen schon auf der Strasse im Wasser stehen. Und immer wieder diese Angst,wie lange dauert das was ist passiert wo kommt so ploetzlich so viel Wasser her Nach 10 Minuten wars vorbei. Es kommt ein Riesenruecksog der aber auch Alles aus dem Haus rausriss. Dieser Ruecksog war so stark,das ploetzlich ueberhaupt kein Wasser mehr im Ozean war. Sowas hat ja auch hier noch Niemand gesehen. Soweit das Auge reicht - Trockenheit!!! Das war die naechste Angst,ist das nun ein gutes Zeichen oder ein boeses Zeichen. Ich weiss bis heute nicht wo das ganze Wasser geblieben ist. Und immer wieder diese Angst,wann kommt das Wasser wieder? Jetzt konnte ich runter. Waende zerdonnert,keine Tueren,keine Fenster, nur Truemmer. Ich mit meiner Arthrose kann nicht richtig laufen,mit meinem laedierten Auge kann nicht richtig sehen Familie Kunert hat mich auf der Strasse rechts und links gepackt und ueber Truemmer,Glas,Balken knietiefes Wasser zum Tempel gezerrt.Da waren wir in Sicherheit. Nochmals danke an Ingrid und Siegfried Kunert, Fuer meine 14 heiligen Nothelfer werde ich ein Dankgebet drucken lassen,trage es zur Basilika und lege es in die Votiv - Kammer fuer Jedermann lesbar. Haette mein Bruder Fritz mich nicht zur Toilette geschickt, ich waere voll ins Verderben gelaufen.Es war die Apokalypse total.Die apokalyptischen Reiter sind ueber diese Kuestenstrasse gedonnert. Verderben - Tod --- das Ende der Welt. Dieses ist das letzte was ich ueber dieses Grauenhafte schreibe. Ich hoffe das jetzt mein Herz und meine Seele frei wird. Ich druecke Euch.

Flutwelle
Anrollenden Flutwelle

Seit 14. Januar 2005 gibt es wieder E-mail-Kontakt!

14.01.2005 23:28
Winni ein Wunder,ein Wunder.Seit soeben steht diese Leitung wieder. Ich will mich auch gleich hinsetzen,um ein paar Zeilen zu schreiben (mit meinen verbogenen Fingern,weil ich Bauschutt beseitigt habe) Im Moment sind die Handwerker hier:Maler,Maurer,Glaser,Schreiner und der Wassermann. In diesem Tohuwabohu haben sie die alte Leitung wieder zurechtgefummelt. Ab 20. Januar ist das ganze Haus wieder geoeffnet. In strahlendem Glanze. Am Haus prangt ein grosses Schild : EIN FESTE BURG IST UNSER GOTT. Ich habe es gleich arbeiten lassen. Das Haus steht wie eine Burg in all den Truemmern. Mit Haus bauen fuer die Fischer gibts jetzt Schwierigkeiten. Jetzt streiten sich die Ministerien. Der Strandminister will eine 100 Meter unbebaute Zone vom Wasser schaffen. Der Fischerminister sagt:die Fischer gehen nicht vom Wasser weg. Der Touristminister sagt: die Touristen wollen am Wasser sein. Mal sehen wer gewinnt. Falls jetzt schon Interesse fuer Gaeste da ist,sie koennen schon in der oberen Etage wohnen. Jetzt braucht Gemunu nur furchtbar viel Geld,um alles zu bezahlen. Immer wieder das liebe Geld. So,das wars fuers erste. Sei vielmals gegruesst von Gamini und Gerhard.

16.01.2005 21:24
Lieber Winni mitsamt Gisela, ich will den neuesten Bericht abgeben. Gamini hat sich um die Fischer mitsamt den Booten gekuemmert. Alles wurde repariert.Gestern abend nun konnten die ersten Boote wieder rausfahren. Fuer die Kosten hat Gamini einen Kredit aufgenommen. Es war schon ein bewegender Moment. Die Familien waren alle in der Villa und haben gewunken und geweint. Ich bin auch gleich in mein Zimmer und habe geheult. Muss ja keiner sehen. Es kuemmert sich kein Minister um sie.Heute Morgen hat Gamini das Kubanische Camp um Hilfe gerufen. Kuba hat ein grosses Kranken-und Versorgungslager aufgebaut. Es geht jetzt um das Altersheim. Um diese armen,alten kuemmert sich kein Minister. Die Kubaner sind sofort mit 3 Aerzten und Versorgung mit uns dahin gefahren. Diese Leute haette Niemand gefunden. Und dann gibts noch ein Patientenlager am Tempel bei Surfers Dream. Ueber 70 Personen.Da ist Gamini eben mit dem Aerzteteam drueben. Am Altersheim waren ueber 2 Meter Wasser und Niemand ist gestorben. Es ist auch ein Wunder. Diese Leute alle werden wohl aus lauter Dankbarkeit ein Denkmal fuer Gamini setzen. So langsam stoesst Gamini auch an die Grenzen seiner Moeglichkeiten. Wenn diese wunderbare Hilfe aus Deutschland nicht waere,ich weiss nicht was dann passiert. Das war das und jetzt was anderes. Internet kann wieder aufgemacht werden. Alle Nummern und Leitungen funktionieren wieder. Ab uebermorgen ist das Hotel wieder eroeffnet. Und witzigerweise ist Frau Meggy M. der erste Gast in zi.2 bis 1. Feb. Herr M. kommt am 2. Feb. und dann wohnen sie im eigenen Haus. Wie das Schicksal so spielt. Um dieses Grundstueck hat sich Gamini auch noch gekuemmert. Das sah vielleicht aus!! Es wurde alles auf den Kopf gestellt und umgekrempelt Es ist wieder ein neues Grundstueck geworden. Er hatte die ganzen Schienen auf seinem Grund. Die Arbeiter haben die Schienen in Hand und Fussarbeit zurueck geholt. Die haben Tag und Nacht gewuehlt. Und O Wunder - eben ist die erste Versuchslok gefahren. Viele Menschen an den Schienen. Berndt auch. Sie haben Knallkoerper auf das Gleis gelegt und es war ein Hoellenspektakel. Riesenjubel. Wuerdest Du uns bitte die E-Mail Adresse von Herrn Roberto S. senden,damit ich mit ihm persoenlich Kontakt aufnehmen kann.Danke.Ich mache jetzt Schluss. Viele,liebe Gruesse an Euch und danke fuer die Hilfe,die direkt von Mensch zu Mensch geht. Da versickert nichts in dunklen Kanaelen. Dein Gamini und Gerhard.

zerstörtes Denuwal
Denuwala - Hier standen Häuser...

Zusammenfassung 20. 1. 2005
Es geht aufwärts in der Villa. Wie Gerhard mir eben am Telefon mitteilte, sind bereits erste Gäste dort! Udara vertritt den Vater, der seinem Körper zu viel zugemutet hat und vom Arzt für ein paar Tage ins Bett geschickt wurde. Irgendwann haut die enorme körperliche und seelische Belastung den stärksten Menschen um. Hoffentlich macht Gerhard nicht schlapp! Udara schaft das alles prächtig, meinte Gerhard am Telefon. Der kocht für die Gäste und umsorgt sie. Da kann selbst Gerhard nicht anders als mitzutun, "ich muß jetzt in die Küche abwaschen helfen", verabschiedete er sich.

Ein wenig Alltag gibt es auch wieder bei allem Ungemach und Elend. Am 19. 1. erzählte uns Gerhard in einer email: "Gestern hat Kanti 30 Eier besorgt. Im Altersheim sind 26 Leute. Ich habe auch ein Ei gekriegt. Welche Wonne. Gamini kommt ganz gluecklich und sagt: Kanthi hat 30 freilaufende Eier organisiert. Ich sage: Gamini, es gibt keine freilaufende Eier,sondern nur freilaufende Huehner! Ach so. - Das war wohl das letzte große Essen fuers Heim. Leider sind auch die Kubaner abgezogen, die sie medizinisch versorgt haben."

Nur die jungen Leute scheinen von alledem nicht betroffen zu sein. Gerhard schimpft mächtig. "Die Jugend in Denuwala hockt auf Trümmern oder in Ruinen und saeuft und tanzt und sie warten auf den Bagger der ihren Dreck beseitigen soll. Gamini, mit seiner Mannschaft hat das alles allein gemacht. Selbst Frau M. hat sich geaergert ueber dieses faule Volk. Blos nix anfassen." - Vielleicht verarbeite auch nur jeder sein Erlebtes auf seine Weise...

Schienen neben Schotterbett
Die aus dem Schotterbett gehobenen Schienen (Denuwala)

Weil so viel Geld angekündigt wurde, hat Gamini einen Kredit aufgenommen, um anderen helfen zu können. Da keiner mehr da ist, kümmert er sich nun allein um das Altenheim. - Es wurde von den Geschäftsleuten versorgt, die es ja nun kaum mehr gibt. Staatliche Hilfe gibt es nicht. - Auch unterstützt er weitere Menschen, damit sie endlich wieder ihre Familien ernähren können; 9000 EUR hat er aufgenommen, das sind ca. 1 Millionen Rupien! Gerhard ist entsetzt:

"Einem jungen Mann aus dem Nachbardorf hat er das Tuc Tuc reparieren lassen {natuerlich auf eigene Kosten} fuer fast 900 Euro. Ein neues kostet 2400 Euro. Jetzt kann er wieder arbeiten und seine Mama, seinen Papa und seine Schwester ernaehren. Deren Haus ist weg. Einfach weg. Gamini hat sie in Unawatuna aufgenommen. Gamini hat einen gigantischen Schuldenberg erwirtschaftet. 9000 Euro. Ich habe jetzt Angst vor der Schallgrenze 10."

Das ist Hilfe zur Selbsthilfe! - Dass Gamini bereits mehrere Fischerfamilien geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen, erzählte Gerhard ja schon. Gamini beschäftigt Menschen bei sich, damit die zu Geld kommen. Und, so zieht - sehr langsam und zäh - ein wenig vom "alte Leben" in Denuwala ein. Aber leider noch nicht bei allen...

Gerhard berichtet weiter: